Die Stadt London in Großbritannien hat einen umfangreichen Plan zur Förderung des Fußverkehrs beschlossen. Folgende sechs Fragestellungen waren für einen Handlungsleitfaden für kommunale Fußverkehrsstrategien auch in Deutschland von Interesse:
- Welches waren die zentralen Gründe und sind die Ziele für die Initiative?
- Gibt es einen Durchführungs-Beschluss?
- Wie sehen die konkreten Handlungsanweisungen aus?
- Ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen?
- Wie werden die Vorhaben finanziert?
- Was ist bisher umgesetzt / erreicht worden?
Am Ende finden Sie die Quellenangabe.
Welches waren die zentralen Gründe und sind die Ziele für die Initiative?
Der Plan „Vision 2015“ lautet im Kern: Bis 2015 soll London eine der fußgängerfreundlichsten Städte der Welt werden. Zu-Fuß-Gehen soll dann eine bevorzugte Wahl für Menschen sein, denen ihre Gesundheit wichtig ist und die sich erholen wollen. Bis 2015 soll London fußgängerfreundlich sein, d.h. dass die Fußwege sicher sind und somit das Gehen als angenehme Tätigkeit empfunden wird.
Gibt es einen Durchführungs-Beschluss?
Der Plan „ Making London a walkable city – The Walking Plan for London“ wurde 2004 veröffentlicht.
Welches sind die wesentlichen Ziele?
Die Hauptzielsetzung ist es das „functional walking“ zu stärken, d.h. das zweckgebundene Gehen (zur Schule, Arbeit, Einkaufen oder Besuche von Freunden). Zur Erreichung dieses übergeordneten Ziels werden für ganz London die folgenden Teilziele vorgeschlagen:
1. kurzfristig: den Rückgang bei den täglichen Wegen zu stoppen
2. langfristig (bis 2015):
- den Anteil des Fußverkehrs am Modal-Split für Wege unter 3,6 km auf 10% zu steigern,
- - die durchschnittliche Anzahl der Fußwege pro Person pro Jahr auf 10% zu erhöhen und
- Londons Stellung als fußgängerfreundliche Stadt im Vergleich zu anderen Weltstädten zu steigern, und zwar sowohl hinsichtlich der subjektiven Wahrnehmung der Menschen, als auch hinsichtlich tatsächlich gemessener Bedingungen.
Wie sehen die konkreten Handlungsanweisungen aus?
Der Aktionsplan ist in 6 Zielsetzungen unterteilt. Jede Zielsetzung umfasst eine Reihe von Aktionspunkten. Einer „lead agency“ (eine Koordinations- und Führungsstelle – damit ist die TfL: Transport for London gemeint) ist die Aufgabe übertragen worden, die Arbeiten zu koordinieren und die erfolgreiche Umsetzung jeder Handlung zu unterstützen. Zusätzlich wird mit weiteren Stellen kooperiert, um die Zielsetzungen zu erfüllen.
1. Verbesserung der Koordination und der Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Gehplans
Allgemein:
- Zusammenarbeit mit den Partnern und der Bevölkerung soll in jeder Phase der Umsetzung des Plans entwickelt und erleichtert werden, für London wird TfL die Leitung übernehmen.
- Entwicklung und Aufbau einer „London Walking Conference“ und Verleihung eines jährlichen Preises für die/das wirkungsvollste Gehinitiative/-projekt.
Gesetzgebung:
- Initiative bei der Regierung, dass bei jeder relevanten Gesetzgebung die Bedürfnisse der Fußgänger berücksichtigt werden.
Training/Ausbildung:
- Sicherstellen, dass in Schulungen der Mitarbeiter die Bedürfnisse des Fußgängers angemessen zum Tragen kommen.
2. Förderung des Zufußgehens
Verkehrserziehung:
- Überprüfung der Lehrmaterialien zum Fußverkehr, die in allen Bildungseinrichtungen vorhanden sind, erforderlichenfalls Aktualisierung der Materialien und Integration in die Lehrpläne.
Medien:
- Entwicklung einer Webseite für das TfL mit Informationen zum Gehen, einschließlich einer Datenbank über die Londoner Gehwegrouten und eines jährlichen Kalenders zu Londoner Gehveranstaltungen und –aktivitäten.
- Entwicklung und Einrichtung eines Quartal-Geh- / Fußgänger-Newsletters mit Informationen zu Initiativen und Aktivitäten.
- - Zusammenarbeit mit Partnern, um örtlichkeitsspezifische Informationen und eine Routenübersicht zu erstellen.
Kampagnen:
- Entwicklung von Kampagnen, die die Durchsetzung und Aufklärung über die Rechte von Fußgängern unterstützen sollen und für die positiven Wirkungen des Zu-Fuß-Gehens für den Einzelnen als auch der Allgemeinheit werben sollen. Die Menschen sollen ermutigt werden, kurze Strecken und auch Teile längerer Wegstrecken zu Fuß zu gehen.
3. Verbesserung der Situation auf den Straßen
Allgemein:
- Vervollständigung der sechs strategischen Fuß(wege)routen Capital Ring, Jubilee Walkway, Lee Valley Walk, London Outer Orbital Path, Southeast Green Chain und Thames Path.
Straßenbild:
- Entwicklung einer Kontroll- und Überprüfungsmethode um öffentliche Räume für ihre Eignung auf Fußgängeranlagen hin zu überprüfen. Dadurch wird eine objektive Abschätzung von Vorschlägen für eine Fußverkehrsplanung sowie eine vergleichende Abschätzung der Fußgängerfreundlichkeit eines Gebiets ermöglicht.
- Entwicklung von Richtlinien für die Straßenbild- und Stadtplanung für die TLRN (Transport for London Road Network) durch den TfL. Von jedem Stadtbezirk/-teil sollten außerdem zusätzlich lokale Richtlinien entwickelt werden, die alle Abweichungen hinsichtlich der Stile und der Materialien dokumentieren sollen, um den örtlichen Charakter und örtliche Spezifika widerzuspiegeln.
Instandhaltung:
- Entwicklung von Instandhaltungs- und Managementplänen, um lokale Standards für die Entsorgung von Abfällen, Müll und Graffitis von Londons Straßen umzusetzen.
- Entwicklung von verbesserter Koordination und Überwachung von Straßenbauarbeiten und Sicherstellung, dass geeignete Minderungsmaßnahmen angewendet werden, um Störungen für den Fußgängerverkehr so gering wie möglich zu halten,
- Sicherstellung einer hinreichenden Wartung von Fußwegen. Baustellen sollten nach Intensität der Fußgängernutzung und dem Grad der Mängel bei den Gehwegen priorisiert werden; an Hauptstraßen wird dies durch AIMS-Überwachung erfolgen.
Maßnahmen für bestimmte Gebiete:
- Durchführung von Verbesserungen für ganze Gebiete, einschließlich „Straßen für Menschen“, Verbesserung örtlicher Stadtzentren und Kreuzungen nach den Richtlinien „best practice“.
Verbesserung der Erreichbarkeit/Zugänglichkeit von Fußverkehrsanlagen:
- Entfernung von unnötigen Barrieren und Hindernissen auf der Straße, um öffentliche Plätze erreichbar zu machen. Maßnahmen außerhalb des Gebietes sollen u.a. abgesenkte Bordsteine und blindengerechte Beläge sein, um besseren Zugang zu beliebten und frequentierten Zielen, insbesondere dem ÖPNV, zu gewähren.
- Zusammenarbeit mit den Straßenbehörden, um Regelungen bezüglich des Gehwegparkens durchzusetzen und aktive Abwehr von Vorhaben, die dieses Problem verschärfen.
4. Verbesserung von Entwicklungsvorschlägen und Kreuzungen
- Abschätzung von öffentlichen und privaten Vorhaben um sicherzustellen, dass die Planung Verbrechens- und Sicherheitsrisiken minimiert und es einen ausreichenden Zugang für Fußgänger gibt.
- Beratung der örtlichen Behörden hinsichtlich der Berücksichtigung von Fußgängern durch das Planungssystem, Überwachung/Kontrolle der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen für den Fußgängerverkehr, der Wirksamkeit der Bedingungen und Übereinkommen gemäß Section 106 und Erteilung von Empfehlungen, wie diese effizienter angewandt werden können.
- Entwicklung eines Verbesserungsprogramms für die Fußgängererreichbarkeit an Kreuzungen mit ÖPNV-Haltestellen gemäß den „best-practice“-Richtlinien, darunter können Maßnahmen zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit und Verbesserung von Informationen und Beschilderung fallen.
5. Verbesserung der Verkehrssicherheit und der persönlichen Sicherheit
- Einführung von Verkehrsberuhigungs- und Tempo 32-Zonen, wo diese das geeignetste Mittel sind, um die Fußgängersicherheit und -priorität zu steigern
- Fortlaufende Unterstützung des Programms „Sicherer Schulweg“ in Übereinstimmung mit den Anforderungen der „best-practice“-Richtlinien.
- Sicherstellung einer geeigneten Beleuchtung der Fußwege bei den Planungen und der Instandhaltung dieser Beleuchtungsanlagen.
6. Umsetzung des Plans und Überprüfung
Beratung:
- Spezifische Beratung zu den Maßnahmen, die von jedem „Borough Spending Plan“ (Finanz-/Ausgabenplanung des jeweiligen Stadtbezirks) erstellt werden. Die Beratung soll auch darüber informieren, wie die Fußverkehrspläne kategorisiert und beurteilt werden.
- TfL wird eine Gruppe zusammenstellen, die den Fortschritt des Plans überwachen und zu spezifischen Aufgabenfeldern fachlichen Rat erteilen wird.
- Entwicklung eines qualitativen und quantitativen Geschäftsfalls und Überwachungs-/Kontrollrahmens, um die effiziente und im Zeitplan liegende Umsetzung des „Walking Plan“, seiner Zielsetzungen und Ziele, sicherzustellen.
Ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen?
Vor der Veröffentlichung des „Walking Plan“ wurde eine umfassende Bürgerbefragung durchgeführt, in deren Verlauf sich viele Londoner über die Schwierigkeiten beklagten, die Fußgänger in London haben. Insbesondere unterstützten diese Bürger Maßnahmen zur Verringerung von Verkehrsstaus sowie lokale Verkehrsinitiativen, die die Menschen ermuntern, mehr zu Fuß zu gehen. Darüber hinaus wurde durch Verkehrserziehung und mit Hilfe von Veröffentlichungen und Kampagnen für das Zu-Fuß-Gehen geworben.
Wie werden die Vorhaben finanziert?
Die Umsetzung des Plans für den Fußverkehr erfordert sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene einen beträchtlichen Kapitalbedarf. Die Finanzierung erfolgt nicht primär durch TfL, sondern aus dem „Borough Spending Plan process“. Dies ist der Etat, der den Stadtbezirken zur Verfügung steht. Damit die „Vision 2015“ auch ganzheitlich umgesetzt werden kann müssen die zu Verfügung stehenden, haushaltsmäßigen Mittel gesichert werden. Die Finanzierung kann aus einer Reihe von Töpfen, auf die die Stadtbezirke zugreifen können, erfolgen:
- Travel Awareness (etwa: bewusste Wahl des Verkehrsmittels)
- Safe Routes to School (sicherer Schulweg)
- Treatments (Maßnahmen)
- Interchange programmes (Programme für Kreuzungen)
- Road Safety (Verkehrssicherheit)
- Accessibility (Erreichbarkeit)
- Walking (Fußgängerverkehr)
- Highway Maintenance (Straßenunterhaltung)
Was ist bisher umgesetzt / erreicht worden?
Das Projekt war zum Zeitpunkt dieser Beschreibung noch nicht abgeschlossen.
Quellen und Anmerkungen:
Transport for London: „Making London a walkable city – The Walking Plan for London“ (2004)
Die Beschreibung der Aktivitäten zur strategischen Förderung des Fußverkehrs in der Stadt London und damit verbunden die Übersetzung des Dokumentes erfolgten Ende 2017.