FUSS e.V., Herzog-Schlagk

Es gibt in der deutschsprachigen Fachliteratur nur wenige Hinweise darauf, welche Ansprüche Kinder im Verkehrsalltag an den Straßen­raum haben, wenn sie sich zu Fuß fortbewegen. Bei der Entwicklung einer kommunalen Fußverkehrsstrategie und der Umsetzung von städtischen Infrastrukturmaßnahmen muss diese Zielgruppe eine besondere Beachtung finden. Deshalb hat der FUSS e.V. im Rahmen des Projektes Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien Anfang 2017 zusätzlich einmal Fachleute befragt, was ihrer Meinung nach Kinder zum Gehen bewegt oder bewegen könnte. Es wurden folgende Fragen gestellt:

Einen Hinweis auf weitere Informationen sowie eine kurze Erläuterung zur Befragung finden Sie am Ende.

Nutzung von Verkehrsmitteln

Bei der Frage nach der Verkehrsmittelnutzung – eine eigenständige Verkehrsmittelwahl ist es ja häufig noch nicht - durch Kinder zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr waren sich die befragten Fachleute (zu 100 %) einig, dass jene eine häufige Mitnahme in einem Auto angeben würden. Auch das Fahrrad (64 %) sowie das Gehen zu Fuß (71 %) würden ihrer Meinung nach häufig genannt werden. Weniger meinten sie, dass Kinder die Nutzung von Bus oder Bahn (43 %) mit „häufig“ angeben würden. Vergleichsweise selten würden Kinder, so die Befragten, den Roller (46 %) oder das Skateboard (54 %) nennen.

Wesentliche Gründe für das Zu-Fuß-Gehen

FUSS e.V., Herzog-Schlagk

Der Großteil der Befragten (93 %) nahm an, dass der Hauptgrund für das Zu-Fuß-Gehen von Kindern zwischen etwa dem 6. und 12. Lebensjahr die Erreichung einer Bushaltestelle oder eines Bahnhofes ist. Weitere Gründe seien ihrer Meinung nach das unkomplizierte Zurücklegen von kurzen Wegen (85 %) sowie, dass Gehen kein Geld kostet und dass Kinder in dem genannten Alter noch kein Auto besitzen (jeweils 71 % der Angaben). Weniger bedeutend sahen die Befragten für Kinder die Aspekte, dass das Gehen zu Fuß gesund und unterhaltsam ist (jeweils 50 % der Angaben) oder auch, dass andere der Altersgruppe ebenfalls zu Fuß unterwegs sind (43 %). Während nach Auffassung der Befragten die Kinder noch zu 50 % angeben würden, dass das Zu-Fuß-Gehen gut für die Umwelt ist, sind die Aspekte, dass man dadurch sportlich fit bleibt (43 %) und dass es Spaß macht (36 %) nach Ansicht der Erwachsenen für Kinder weniger bedeutsam.

Behinderungen und Gefährdungen für Kinder

Viele Experten (57 % der Befragten) waren der Meinung, dass die Kinder rücksichtslose und schnell fahrende Radfahrer als Bedrohung empfinden, die auch auf Gehwegen und in Parkanlagen unterwegs sind. Zu schnell fahrende Autos würden von Kindern deutlich weniger genannt werden (36 %). Als weitere Gefahrenpunkte oder Behinderungen würden außerdem fehlende Straßenübergänge (Ampeln/Zebrastreifen), wild parkende Fahrzeuge (mit je 36 % der Angaben) oder auch stark befahrene Straßen und einsame Wege - sogenannte „Angsträume“ - (29 %) genannt werden. Zudem seien auch schmale oder gar fehlende Fußwege, Treffpunkte von Jugendlichen oder Alkoholtrinkenden als auch der Bring- und Abholverkehr durch Eltern vor Schulen (jeweils 14 % aller Befragten) nicht außer Betracht zu lassen. Andere Bedrohungen für Kinder können auch Müll(-Tonnen) auf den Gehwegen sowie die Dunkelheit sein.

Hilfreiche Infrastrukturmaßnahmen und Serviceangebote

Bei der Frage, welche Maßnahmen und Angebote Kinder zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr zum Gehen motivieren könnten, nannten knapp ein Drittel der Befragten verkehrsberuhigte Straßen sowie ein generelles Tempo-Limit von 30 km/h in der Stadt. Ebenso seien sichere, also breite und schöne Gehwege für Kinder motivierend. Auch Fußgängerzonen, sichere Straßenüberquerungsmöglichkeiten (z.B. Zebrastreifen) und getrennte Wege für den Fuß- und Radverkehr sowie für Skater mögen sinnvolle Angebote darstellen, sagten 21 Prozent der befragten Fachleute. Weitere attraktivitätssteigernde Punkte seien das Vorhandensein von Straßenbegrünung, Sitzgelegenheiten sowie Spielplätzen bzw. Freizeiträumen (14 %). Zudem sollten die Innenstädte und Wege dabei abwechslungsreich gestaltet sein. Andere Vorschläge einzelner Experten waren u.a.

  • günstig geschaltete Fußgängerampeln,
  • gut beleuchtete Gehwege,
  • Rückzugsorte, an denen sich die Kinder sicher fühlen können,
  • Elternhaltestellen und Halteverbotsbereiche in der Nähe von Schulen,
  • ein Belohnungssystem (z.B. über Schrittzähler) von der Schule oder der Krankenkasse.

 

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Aufenthaltsqualität für Kinder im öffentlichen Räumen

Auf die Frage, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit sich Kinder gerne im öffentlichen Raum aufhalten, antworteten die meisten Befragten mit dem Stichwort „Sicherheit“ (43 %). Zudem seien auch attraktive Angebote zum Spielen und Verweilen, welche zugleich flexibel und gestaltbar sind, in den Augen vieler Experten sehr wichtig. Darin sollten auch Rückzugsorte integriert sein, in denen (zumeist ältere) Kinder ungestört unter sich sein können. Die Qualität des öffentlichen Raumes für Kinder setzt auch die gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer voraus. Weitere Voraussetzungen seien außerdem ausreichend Platz als Bewegungs- und Aktivitätsraum, die gute Erreichbarkeit von Aufenthaltsorten sowie die Möglichkeit des sicheren Überquerens von Straßen, sei es mittels Zebrastreifen, fußgängerfreundlicher Ampelschaltungen oder auch mithilfe von (Schüler-)Lotsen an gefährlichen Verkehrswegen und -kreuzungen.

Weitere Informationen

zum Themenbereich „Kinder im Straßenverkehr“ finden Sie unter www.fuss-ev.de > Themen > Kinder zu Fuß. Besonders hinzuweisen ist auf den Service www.schulwegplaene.de. Dort und auf der Website www.ZuFusszurSchule.de finden Sie auch eine Literaturauswahl.

Erläuterung zur Befragung:

Insgesamt wurden die Fragen an 303 Adressen verschickt, von denen es sich zu etwa 95 % um Vertreterinnen und Vertreter aus Verbänden oder Universitäten handelte. Es haben lediglich 14 Personen (davon 12 weiblich und 2 männlich) reagiert, deren Rückmeldungen für die Zielvorgabe auswertbar waren. Dies ist eine erstaunlich geringe Rückmeldequote von unter 5 % bei einer Gruppe, die Aufgrund der Annahme ausgesucht wurde, dass sie sich fachlich mit der Zielgruppe „Kinder“ beschäftigt haben müsste.