für das Projekt: Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien (FVS)

Man muss voranstellen, dass es den angesprochenen Städten weitgehend überlassen war, inwieweit sie sich bei der Bewerbung als Modellstadt engagieren. Es waren lediglich fünf Fragen des Anschreibens zu beantworten und wenn die Frage fünf mit „Ja“ beantwortet wurde, entsprach dies einer Teilnahmebekundung. Insofern blieben unweigerlich die erst danach erstellten Ansatzpunkte für eine Auswahl teilweise unbeantwortet und für weitergehende Nachfragen war der Zeitrahmen zu eng und die Anzahl der Bewerbungen zu groß.

Die folgenden Auswahlkriterien wurden vom Fachbeirat in seiner ersten Sitzung am 05. September 2016 zusammengestellt und danach noch einmal an wenigen Stellen ergänzt (Stand 22.09.2016). Sie sind lediglich ein Rahmen, mit dem die Auswahl eines möglichst vielfältigen Städte-Sets (siehe Modellstädte) erfolgen sollte:

 

Typus

  • Die fünf Städte sollten geographisch halbwegs in der Bundesrepublik Deutschland verteilt sein.
  • Sie sollten eine Bandbreite in der Einwohnerzahl abbilden (kleine, mittlere, große Städte). Die Aufnahme einer Großstadt (> 300.000 Einwohner) wurde kritisch gesehen; andererseits wurde darauf hingewiesen, dass eine Stadt eine bestimmte Größe haben muss, um für Fußgängerinnen und Fußgänger attraktiv zu sein (Einzelhandel etc.). Zudem wird sich ergeben, dass in größeren Städten Stadtteile (Kietze) sowie in mittleren und kleineren Städten häufig ebenfalls nur der Stadtkern einbezogen werden können.
  • Beachtet werden sollte der Stadtaufbau, d.h. ob es eine kompakte Stadt oder eine „Stadt“ aus vielen kleinen Ortsteilen ist, die früher einmal Dorf genannt wurden. In „Suburbs“ ist es etwas anderes, zu Fuß gehen; deshalb sollten vorstadtähnliche Strukturen bei diesem Projekt vernachlässigt werden.
  • Darüber hinaus sollte versucht werden, Städte mit unterschiedlicher Topografie zu betrachten. Bei den Untersuchungen sollten dann die Baustruktur und die Nutzungsdichte beachtet werden.
  • Der Fußwegeanteil am Modal-Split ist ein Kriterium, sollte aber nicht überschätzt werden, da eine Steigerung des Fußwegeanteils auch zu Lasten von Rad und ÖV gehen könnte. Letztlich muss es aber darum gehen, den Umweltverbund zu stärken.
  • Zu beachten ist auch die derzeitige städtische Mobilitätskultur, d.h. ob es sich eher um eine Fußgänger-, Rad- oder eine Auto-Stadt handelt.

Status

Die Fragestellung, ob eher „Einsteiger – Aufsteiger – Vorreiter – Absteiger“ auszuwählen sind, blieb kontrovers. Für Einsteiger spricht die Methodik für die Arbeit in den Modellstädten, die sich gut für Netzwerkbildung und Sensibilisierung eignet. Für die Auswahl bereits fortgeschrittener Städte spricht die kurze Dauer des Projektes und der damit verbundene Anspruch, in dieser Zeit eine sichtbare und damit dokumentierbare Veränderung zu erreichen. Für die Berücksichtigung beider spricht, dass man dadurch eine wirklich grundsätzliche Differenzierung und Breite erreicht. Hierzu gab es folgende Hinweise:

  • Wenn der/die Bürgermeister/in dahinter steht, sollten „Einsteiger“ bevorzugt werden.
  • Große Städte sollten schon in den letzten Jahren etwas auf den Weg gebracht haben, kleinere könnten auch „Einsteiger“ sein.
  • Ziel sollte es sein, starke Städte zu stärken und als starke Städte erkennbar zu machen. Nach dem Prinzip „Hidden Champions“ sollten auch Städte ausgewählt werden, die schon gut sind, es aber selbst noch nicht so richtig begriffen haben und auch nicht als solche bekannt sind.
  • Ausgewählt werden sollte auch eine Stadt, die schon jetzt einen hohen Fußwegeanteil aufweist, in der sich aber Unmut gegenüber weiteren Verbesserungen für den Umweltverbund zeigt.
  • Darüber hinaus wäre es wünschenswert, Städte einzubeziehen, die in den letzten Jahren (z.B. SRV-Vergleich) einen Rückgang des Fußverkehrs (z.B. durch einseitige Radverkehrsförderung) zu verzeichnen haben.
  • Bei geringem Status sollte eine Verbesserung angestrebt werden, und bei schon existierendem hohen Status der Erhalt dessen.
  • Nicht zuletzt sollte aus der Bewerbung erkennbar sein, welche Ziele die Stadt erreichen will.

Potential

Nicht abgefragt wurde die Ausstattung für die Umsetzung. Deshalb waren die folgenden Fragestellungen nicht immer zu beantworten:

  • Gibt es klare Bekenntnisse wie z.B. Ratsbeschlüsse oder Bürgermeisterbekundungen?
  • Sind bereits fußverkehrsrelevante Gutachten oder Untersuchungen erstellt worden?
  • Ist die Bereitschaft erkennbar, Ausgaben für die Förderung des Fußverkehrs zu tätigen? (Haushalt)
  • Gibt es in der Stadt einen Anlass, sich mit dem Thema Fußverkehr auseinanderzusetzen? (Handlungsdruck)
  • Ein sehr wesentliches Kriterium kann eine anderweitige Förderung oder die Teilnahme an anderen Programmen darstellen, die ebenfalls fußverkehrsrelevante Fragestellungen beinhalten, um dadurch Synergien zu erzielen.

Akteure

  • Es sollte darauf geachtet werden, ob die Bewerbung durch Sachbearbeiter oder „Entscheider“, z.B. dem Bürgermeister gezeichnet wurden.
  • Eine klare politische Unterstützung auf möglichst hoher Ebene kann dazu beitragen, die Nachhaltigkeit der Bemühungen zu gewährleisten.
  • Ist aus der Bewerbung eine für den Fußverkehr zuständige Person oder sogar die Einrichtung einer Stelle erkennbar?
  • Die abgefragte Akteurs- und Beteiligungsstruktur ist ebenfalls zu berücksichtigen, d.h. die Einschätzung, ob die Unterstützung möglichst vieler Akteure aus Verwaltung, Politik und Verbänden zu erwarten ist.
  • Ist in der Stadt ein Problembewusstsein vorhanden?

Konzepte

Die Städte sind gefragt worden,

  • ob in ihrer Kommune bereits Ansätze einer Fußverkehrsstrategie, eines Masterplanes Fußverkehr oder anderer fußverkehrsrelevanter Vorgaben als fester Bestandteil einer Integrierten Verkehrsplanung vorhanden oder geplant sind.
  • Gut wäre es, wenn es zumindest in Teilbereichen bereits umgesetzte Programme gibt und somit praktische Umsetzungserfahrungen.
  • Eine bereits in Umsetzung befindliche Radverkehrsstrategie wäre hilfreich, da der prozessuale Ablauf sehr ähnlich sein könnte.
  • Gibt es weitere Bemühungen oder bisherige umgesetzte Planungen?
  • Als ein besonderes Kriterium wurde herausgestellt, das es wichtig wäre, aus der Bewerbung eine Bereitschaft zu einem Planungsprozess abzulesen.

Themen

  • Möglich wäre, Städte zusätzlich danach zusammen zu stellen, was bei ihnen thematisch im Vordergrund steht, zum Beispiel Infrastrukturverbesserung oder eher Bewusstseinsbildung/Kommunikation.
  • Es wurde mehrfach vorgeschlagen, dass Kinder und ältere Menschen zumindest in einer der fünf auszusuchenden Städte prominent vorkommen sollten.
  • Darüber hinaus könnte die Schnittstelle zum ÖPNV eine thematische Schwerpunktsetzung darstellen.
  • Es könnte auch eine Stadt dabei sein, für die touristische Aspekte eine Rolle spielen.

Anhand dieser Aspekte wurden aus insgesamt 37-Städte-Bewerbungen (siehe Kontaktstädte ) fünf Modellstädte in Deutschland ausgewählt und vom Fachbeirat bestätigt. Aus der Kurz-Begründung der ausgewählten Modellstädten ist die Vielfältigkeit erkennbar.